Zurück aus dem Kinosessel, eine Nacht drüber geschlafen und nun zu allen Schandtaten bereit vorm Laptop sitzend – hier kommt das Review zu…
Animation/Familie/Komödie, 2011
Regie: Sarah Smith
Regie: Sarah Smith
Unter der generalstabsmäßigen Führung des ältesten Sohns des amtierenden Weihnachtsmanns, Steve, hat sich das langjährige Familienunternehmen Weihnachten zu einer straff durchorganisierten, kalten Hightech-Maschinerie gewandelt. Geschenke werden nicht länger per Rentierschlitten und durch den Kamin an ihren Bestimmungsort gebracht, sondern mittels gigantischer Weihachtsraumschiffe (das größte von ihnen ähnelt verdächtig einer roten Enterprise) transportiert und von Elfenkolonnen, die Ethan Hunt alle Ehre machen, unter den Weihnachtsbaum verfrachtet. Der eigentliche Weihnachtsmann ist längst nur noch Staffage und begnügt sich damit, die für ihn bereitgestellten Leckereien zu futtern, während der karrierebewusste Steve schon auf sein Amt schielt. Doch dann, gerade als die vermeintlich exakt durchgeführte Geschenkauslieferung in der Weihnachtsnacht zu einem vollen Erfolg erklärt worden ist, fällt auf, dass ein Geschenk vergessen wurde… Steve schert sich nicht um eine solch geringe Abweichung und auch der träge Weihnachtsmann macht natürlich keine Anstalten, sich persönlich darum zu kümmern. Einzig Arthur, sein jüngster Sohn, glaubt noch an die wahre Bedeutung von Weihnachten und beschließt kurzerhand, dass ein Kind ohne Weihnachtsgeschenk nicht sein darf. Er verbündet sich mit Opa Weihnachtsmann, der zum Glück noch seinen morschen Schlitten, ein paar Rentiere und eine Tonne Zauberstaub in der Hinterhand hat, und allen beweisen will, dass es immer noch auf traditionelle Weise geht. So ist es an ihnen (und der Elfe Bryony), das liegen gebliebene Präsent in einem Wettlauf gegen die Zeit doch noch rechtzeitig vor Sonnenaufgang ans Kind zu bringen.
Gehen wir die Charaktere mal durch: Arthur, Namensgeber und Protagonist des Films, ist ein schmächtiger, gutherziger, tollpatschiger und allseits belächelter junger Mann, der in der Poststelle des Weihnachtsimperiums arbeitet, wo er voller Hingabe die eingesandten Kinderwünsche beantwortet und keinen Schaden anrichten kann. Sein Profil entspricht dem des typischen Animationsfilmhelden, den niemand ernst nimmt, bis er am Ende groß rauskommt. Man denke nur an Linguini ("Ratatouille") oder Hiccup ("Drachenzähmen leicht gemacht"). Aufgrund dessen erweist er sich bei aller Sympathie als vielleicht schwächstes Glied des Films, wird er doch in den meisten Szenen von seinen Mitstreitern ausgestochen (z.B. bei seinem halsbrecherischen Schlussspurt von Bryony, mehr sei an dieser Stelle aber nicht verraten). Steve, Arthurs älterer Bruder fungiert als eine Art Bad Guy, obwohl er das im Grunde nicht ist und der Film auch keinen nötig hat. Mit akkurat gestutztem Weihnachtsbaumkinnbart, militärischem Outfit und grenzenloser Selbstüberzeugtheit vereint er die Antipathie des Publikums auf sich, ehe er dann letztendlich – man ahnt es schon – bekehrt wird. Malcolm, so der bürgerliche Name des aktuellen Weihnachtsmanns, bekleidet derweil eine nur noch symbolische Funktion und lässt Steve freie Hand. Bekocht und unterstützt von seiner Gattin Margaret, begibt er sich nach der für ihn ja so anstrengenden Weihnachtstour erstmal in einen mehrtätigen Winterschlaf. Auch er besinnt sich später seiner eigentlichen Rolle. Vorher möchte man ihm einen kräftigen Tritt in den gut gepolsterten Allerwertesten verpassen, um ihn an seine Pflicht zu erinnern. Opa Weihnachtsmann, Arthurs grummeliger und halsstarriger Großvater, hält nichts von all dem technologischen Schnickschnack, den sein Enkel Steve eingeführt hat, und lässt keine Gelegenheit aus, dies auch zu betonen. Einen guten alten Schlitten, von Rentieren gezogen, zieht er den neumodischen Raumschiffen jederzeit vor. Als Weihnachtsmannveteran steht er Arthur auf seiner Mission mit Rat und Tat zur Seite – was sie in so manche Bredouille bringt, da es schon ein Weilchen her ist, seit er den Nordpol das letzte Mal von außen gesehen hat. Opa Weihnachtsmann ist definitiv einer der großen Pluspunkte des Films und stiehlt fast jede Szene, in der er auftaucht. Einfach herrlich, wenn er auf Arthurs Frage hin, woran er sich denn beim Steuern des Schlittens orientiere, auf den Polarstern verweist, der sich sogleich als Flugzeug entpuppt. Neben ihm verbucht Bryony, eine aufs Geschenkeinpacken spezialisierte Weihnachtselfe, die meisten Lacher für sich. Ihr Talent, alles mit nur drei Klebestreifen verpacken zu können, rettet der ungleichen Truppe ein ums andere Mal die Haut und sorgt für sehr amüsante Momente.
Eine Wohltat sind die durchgehend professionellen Synchronsprecher, die im Deutschen in die übergroßen Fußstapfen von James McAvoy (Arthur), Hugh Laurie (Steve), Bill Nighy (Opa Weihnachtsmann), Jim Broadbent (Malcolm), Imelda Staunton (Margaret) oder auch Robbie Coltrane und Joan Cusack (beides namenlose Elfen) treten. Endlich einmal wurde mit der schrecklichen Unsitte gebrochen, bloß um der Öffentlichkeitswirkung willen überdrehte, quasselstrippende "Comedians" oder roboterhaft sprechende "Promis", die mit Mühe und Not ihren Text zusammenstümpern, als deutsche Stimmen casten zu müssen. Dem Film tut das nur gut. Nichtsdestotrotz freue ich mich schon darauf, ihn mir in einem Jahr mit den britischen Originalsprechern erneut zu Gemüte zu führen. "Arthur Weihnachtsmann" kann mit einigen innovativen Ideen aufwarten, auch wenn er in dieser Hinsicht freilich nicht an das Niveau eines "WALL-E" (2008) heranreicht. Vom magischen Flugstaub erfasste Löwen, Elefanten oder Zebras im Serengeti-Nationalpark verdutzt gen Himmel schweben zu sehen, hat aber zweifellos etwas für sich, ebenso wie der Einfall von Opa Weihnachtsmann, den Schlitten in Ermangelung einer Karte mal eben ins Weltall zu manövrieren, um die Erde selbst als eine solche verwenden und das zuvor haarscharf verfehlte Ziel anpeilen zu können. Optisch macht der Film dabei immer eine gute Figur, gerade bei den rasanten Schlittenfahrten bzw. -flügen. Bei genauerem Hinschauen gibt es noch viele schöne, teils humorige Details zu entdecken. Der Knollnasenlook der Charaktere dürfte jedoch Geschmackssache sein. Obwohl der Ausgang einigermaßen vorhersehbar ist, kann man sich über fehlende Spannung nicht beklagen, denn wie so oft ist der Weg das Ziel. Auch wird der gegenwärtige Technikwahn clever auf die Schippe genommen, etwa wenn die gesamte Elfencrew "I’m Dreaming of a White Christmas" trällert und dabei statt echten Kerzen iPhone-artige Objekte mit Kerzendisplay schwenkt (um nur eines von unzähligen Beispielen zu nennen). Zugleich kommt die weihnachtliche Stimmung nicht zu kurz, insbesondere gegen Ende hin, ohne dass der Film jemals ins Kitschige abgleitet.
"Arthur Weihnachtsmann" hat die Erwartungen mit seinen zahlreichen wirklich lustigen Passagen, seiner herzlichen Geschichte und seinem weihnachtlichen Flair vollends erfüllt. Wer wie ich einen vorweihnachtlichen Anschubser gebrauchen kann, dem sei er wärmstens empfohlen. Kurzum: Ein mit kleinen Abstrichen wunderbar harmonischer Familienfilm, der einiges zum Freuen, Lachen und Staunen bietet und auch erwachsene Kinder begeistern wird.
7,5 / 10 Punkte
Nur zur Info: Ich werde dieses gängige Wertungssystem (mit 0,5er-Schritten zwecks feinerer Abstufung) einfach beibehalten, solange mir keine bessere Alternative einfällt.
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