Dienstag, 13. Dezember 2011

Spielstunde ist vorbei!

Nachdem ich es in den letzten Tagen vor lauter News einfach nicht geschafft habe, das nächste Review fertig zu schreiben, ist es jetzt endlich so weit. Hier ist sie, meine Lobeshymne auf...

(OT: "Hot Fuzz")
Action/Komödie/Krimi, 2007
Regie: Edgar Wright

Für Nicholas Angel (Simon Pegg), Cop aus Leidenschaft, bricht eine Welt zusammen: Erst wird er von seinen neidischen Londoner Vorgesetzten ins ländliche Sandford abgeschoben, weil er ihnen durch seine Glanzleistungen das Rampenlicht stiehlt, kurz danach verlässt ihn zu allem Überfluss auch noch seine Freundin. Am neuen Arbeitsplatz angelangt, muss er zu seinem Leidwesen feststellen, dass es doch immer noch schlimmer kommen kann. Sandford ist das, was man im Volksmund als Kaff bezeichnet. Der letzte Mord liegt bereits 20 Jahre zurück, es herrscht Friede, Freude, Eierkuchen. Angels Kollegen schieben eine (sehr) ruhige Kugel und lungern entweder auf der Wache oder am Kneipentresen rum, Pub geht eben vor Job. Folglich erntet er mit seinem vorbildlichen Diensteifer nur ein müdes Lächeln und jede Menge Hohn und Spott. Die einzige Ausnahme: Danny (Nick Frost), der moppelige Sohn von Polizeichef Frank Butterman (Jim Broadbent), der ihm als Streifenpartner zugeteilt wird und richtige Action nur aus "Bad Boys II" oder "Gefährliche Brandung" zu kennen meint. Er bewundert Angel für seinen reichen Erfahrungsschatz – vor allem im Umgang mit Schusswaffen – und lässt sich sogar ein wenig von seinem Gerechtigkeitsfanatismus anstecken. Nachdem sich ihre ersten gemeinsamen Einsätze noch darum drehten, einen entflohenen Schwan zu fassen (fehlgeschlagen), wartet schon bald mehr Arbeit auf die beiden. Urplötzlich kommt es unter den Dorfbewohnern zu einer Reihe seltsamer Todesfälle. Allesamt Unfälle, so was passiert eben, sind sich Polizei und Bürgerwehr sofort einig. Angel indes glaubt an Mord und hat auch einen Verdacht, wer der Täter sein könnte, denn was zur Hölle hatte Kaufhausbesitzer Simon Skinner (Timothy Dalton) jeweils am Tatort zu suchen?! Er beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln, und dringt immer tiefer in die ungeahnten Abgründe Sandfords vor.

Schon eine der ersten Szenen, in der Angel ins Office des Londoner Polizeireviers bestellt wird, versetzt Kenner des britischen Films kurzzeitig in Ekstase: Als erstes erscheint "Bilbo" Martin Freeman auf der Bildfläche, dann gibt "Phineas Fogg" Steve Coogan sein Stelldichein und schließlich taucht als Krönung auch noch "Davy Jones" Bill Nighy auf – und das innerhalb weniger Sekunden. Was soll bei einem Film, der so beginnt, noch groß schiefgehen? Ich nehme es vorweg: Sehr, sehr wenig. Die drei beschränken sich zwar nur auf zwei Kurzauftritte, das ist aber nicht weiter schlimm, denn die restlichen Darsteller brauchen sich keinesfalls vor ihnen zu verstecken und überzeugen bis in die Nebenrollen hinein. Allen voran Simon Pegg, zusammen mit Regisseur Edgar Wright auch für das Drehbuch verantwortlich, glänzt als topgeschulter Vorzeigepolizist, der seinen Beruf über alles Andere stellt. Man fühlt mit ihm mit, wenn seine ignoranten Kollegen über ihn herziehen, und wünscht sich, er möge es diesen Faulpelzen mal so richtig zeigen. Dass er und Nick Frost ein eingespieltes Team sind, ist kein Geheimnis. Auch in "Hot Fuzz" bilden die beiden ein Traumpaar, ergänzen sich perfekt und werfen sich die imaginären Bälle gekonnt zu. Frost ist die Rolle des nicht allzu hellen, aber gutmutigen und gemütlichen Filmfreaks Danny dabei wie auf den Leib geschrieben. Wie Pegg ist er ein echter Sympathieträger und für etliche Lacher gut. Ex-Bond Timothy Dalton gibt seinen Simon Skinner herrlich schmierig und arrogant. Ein Widerling mit jovialer Fassade, den man einfach hassen muss – was wiederum bedeutet, dass Dalton seine Sache hervorragend gemacht hat. Und auch Jim Broadbent ist als örtlicher Oberinspektor, der das Laissez-faire-Prinzip pflegt, über jeden Zweifel erhaben. Einmal mehr frage ich mich, warum die Briten exzellente Schauspieler im Übermaß haben, während wir uns mit Schweiger, Schweighöfer & Co. abgeben müssen. Irgendwas stimmt da doch nicht.

Die Story um einen Großstädter, der notgedrungen zum Landei wird und sich mit ihm unbekannten Provinzproblemen konfrontiert sieht, ähnelt auf den ersten Blick natürlich an "Willkommen bei den Sch’tis" (2008), entwickelt sich aber schon frühzeitig in eine gänzlich andere Richtung. Was zunächst wie eine grundsolide Kriminalgeschichte mit eindeutigem Bösewicht anmutet, wandelt sich plötzlich zu einem abgedrehten, so ganz sicher nicht vorhersehbaren Verschwörungsplot. Nach beschaulichem Auftakt zieht das Tempo mit Beginn der Mord-, äh, Unfallserie merklich an, bis das Ganze in einem ohne jede Übertreibung irrwitzigen Finale mit hohem Kultpotenzial und schießpulverlastigen Actioneinlagen, die ihresgleichen suchen, mündet, ein Schlussakt, den man gesehen haben muss. Leerlauf ist hier ein Fremdwort. Die einsamer Rächer-Sequenz im Westernstil, die den Übergang zur furiosen Endabrechnung markiert, sticht besonders hervor. Auf die Ruhe vor dem Sturm folgen spektakuläre Feuergefechte zwischen Angel und dem halben Dorf, die man dem Film gar nicht zugetraut hätte – obwohl das zuvor konfiszierte Waffenarsenal ja irgendeinen Zweck haben musste. So wird "Hot Fuzz" dann tatsächlich zu einem Actionkracher, ohne dass der Humor auf der Strecke bleibt. Dieser ist – wie sollte es anders sein – britisch durch und durch. Wer damit nichts anzufangen weiß, wird wahrscheinlich nach kurzer Zeit entnervt die Segel streichen. Wer’s mag (wie ich), hat dagegen seine helle Freude und kommt aus dem Lachen kaum heraus. Ein komödiantischer Höhepunkt jagt den nächsten, etwa als Angel Stimme und Wortschatz seines soeben ausgeknockten, auf ihn angesetzten Attentäters nachzuahmen versucht, um dessen Auftraggeber über Funk vorzugaukeln, er sei erfolgreich liquidiert worden (Narp?!). Peggs Mimik in dieser Szene ist unschlagbar und macht sie zu dem, was sie ist. Die Dialoge strotzen vor Wortwitz und lustigen Missverständnissen. Kleine Kostprobe? Danny: Warum wollten Sie unbedingt ´n Cop werden? – Angel: Officer! – Danny: Warum wollten Sie unbedingt ´n Cop werden, Officer? Simpel, aber effektiv. Zugleich stellt der Streifen eine liebenswürdige Hommage an klassische Splatter- und Actionmovies dar, auf beide Genres finden sich viele kreative Anspielungen. Was ich persönlich sehr schätze, ist, wenn Dinge, die schon einmal zu sehen waren oder gesagt und dann scheinbar ad acta gelegt wurden, später doch wieder aufgegriffen werden. "Hot Fuzz" ist ein Paradebeispiel dafür. Sei es die unbrauchbare Seemine aus dem Schuppen eines verschrobenen, bis zur Unverständlichkeit nuschelnden Bauern (Hogwarts-Hausmeister Filch), das Miniaturdorf, auf das anfangs ein beiläufig eingeblendetes Straßenschild hinweist, die lebende Statue, über die sich Sandfords Bürgerwehr empört (sie könnte ja den Titel als "Dorf des Jahres" gefährden), oder die ausgebüxte Gans – nichts wird vergessen, alles ist von irgendeiner Bedeutung. Das macht einen durchdachten Eindruck. Leider lernt Angel bis zum Abspann nicht mehr, Arbeit Arbeit sein zu lassen und einfach mal abzuschalten, was Kumpel Danny meisterhaft beherrscht. Da scheint auch ein Filmabend in trauter Zweisamkeit nichts bewirkt zu haben. Diesen durchaus tragischen Workaholic-Aspekt von Peggs Charakter, der mehr oder weniger fallengelassen wird, hätte man vielleicht noch weiter verfolgen können. Ein absolutes Rätsel ist mir, weshalb der Film im Deutschen durch diesen total überflüssigen und unpassenden Untertitel verhunzt werden musste. So ein Blödsinn. Seine inhaltliche Qualität leidet darunter freilich nicht.

"Hot Fuzz" bietet über die gesamte Länge hinweg Unterhaltung vom Feinsten und lässt nie Langeweile aufkommen. Tiefgründigkeit wird zwar zugunsten der actionreichen Krimihandlung im Keim erstickt, das Filmvergnügen davon aber nicht getrübt. Ein Fest für Freunde gepflegten schwarzen Humors, alle Anderen sollten zumindest einen Blick riskieren. Es lohnt sich.

8,5 / 10 Punkte

P.S.: Nick Frost berichtete in einem aktuellen Gespräch mit ComingSoon.net von konkreten Plänen für ein Sequel, vermutlich "The World's End", den schon betitelten Abschluss der "Blood and Ice Cream Trilogy" von Pegg und Wright. Ich hätte nichts dagegen.

3 Kommentare:

  1. "Hot Fuzz" ist groooooßartig!!! Geiler Film. Und die Nachricht, dass ein möglicher Abschluss der "Blood and Ice Cream Trilogy" bevorsteht, finde ich auch gut. Wir warten schon einfach zu lang!!!

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  2. Ich fand den Film auch ziemlich gut. Allerdings konnte er bei mir noch nicht in "Shaun of the Dead"-Sphären vordringen. Wahrscheinlich muss ich mir den Film einfach mal wieder anschauen.

    Freunden von Pegg, Frost und Wright kann ich übrigens nur immer wieder ihre TV-Serie "Spaced" ans Herz legen, die in meinen Augen fast noch besser gelungen ist, als die Filme der drei.

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  3. Danke für den Tipp, das werde ich mir mal merken. Man kann sagen, was man will, die Briten haben's einfach drauf.

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